Köln-Rheinkassel: Dohr, 1993.
Der Sonettenkranz
Der klassische Sonettenkranz besteht aus 15 Einzelsonetten, die gleiches Reimschema und Versmaß aufweisen. Dabei beginnt das zweite Sonett mit der Schlusszeile des ersten, das dritte mit der Schlusszeile des zweiten und so weiter bis zum vierzehnten Sonett, dessen Schlusszeile die Anfangszeile des ersten Sonettes bildet. Das fünfzehnte Sonett, das sogenannte Meister-Sonett, fasst dann noch einmal alle 14 Schluss- bzw. Anfangszeilen in gleichbleibender Reihenfolge zusammen.
Auszüge:
Sonetten
Kränze des Unseins (Auszüge)
I
Die kalte Gier brennt, schleichend und so grausam,
In der zermürbten Hirne alte Schwere,
Auch Dir, Du Ahnungsloser, unaufhaltsam,
Gar sanft und fühllos, eine sengend‘ Leere.
Kränze des Unseins (Auszüge)
I
Die kalte Gier brennt, schleichend und so grausam,
In der zermürbten Hirne alte Schwere,
Auch Dir, Du Ahnungsloser, unaufhaltsam,
Gar sanft und fühllos, eine sengend‘ Leere.
Doch mitleidlos begräbt sie wahrlich alles,
Was Menschen Geist, vergessen schon, gebar,
Und nimmt fortan nur einzelnes und Grelles,
Nur Grenzen, Hohlstes, weil sich selbst, gewahr.
Was Menschen Geist, vergessen schon, gebar,
Und nimmt fortan nur einzelnes und Grelles,
Nur Grenzen, Hohlstes, weil sich selbst, gewahr.
Erhöbe sich des Geistes wache Brut,
Gleich eines Phönix‘ aus erstorbner Glut,
Erstünde aus der Asche zaghaft Glimmen,
Gleich eines Phönix‘ aus erstorbner Glut,
Erstünde aus der Asche zaghaft Glimmen,
So fiel der Macht zum Opfer sie anheim,
Die sich gesellet gern zu gier’gen Sinnen,
Und bindet sie auf der Altäre Stein.
Die sich gesellet gern zu gier’gen Sinnen,
Und bindet sie auf der Altäre Stein.
II
Und bindet sie auf der Altäre Stein
Die Macht, unstillbar fordernde Gewalt,
Dann prägt sich die erstarrte Asche ein.
Mit deren Abdruck, eingelassen ungestalt‘,
Läßt menschlich‘ Antlitz kaum sich mehr vergleichen,
In ihm erscheinen maskenhaft verzückt
Nur Götzen, die dem Sarkophag entweichen,
Doch seine tote Fratze spiegelnd schmückt
In ihm erscheinen maskenhaft verzückt
Nur Götzen, die dem Sarkophag entweichen,
Doch seine tote Fratze spiegelnd schmückt
Die täglich Dir begegnenden Gesichter,
Die ernst und kalt, im Scheine fahler Lichter,
Zerfaltet an den groben Köpfen kleben.
Die ernst und kalt, im Scheine fahler Lichter,
Zerfaltet an den groben Köpfen kleben.
In deren Hirnen leblos sich bewegt,
Was Macht, Gewalt, gewes’ne Götter weben,
Daß sich der Menschen Sinn nun nicht mehr regt.
Was Macht, Gewalt, gewes’ne Götter weben,
Daß sich der Menschen Sinn nun nicht mehr regt.
einer
einer
entscheidet
entscheidet
über den Schutz der
Natur
Natur
über das Leben tausender
Kinder
Kinder
über den Tod eines
Sträflings
Sträflings
im land der
unabhängigkeit
freiheit
demokratie
entscheidet
blanke meinung
privates hirngespinst
rohe machtgier
wille zum wahlsieg
unabhängigkeit
freiheit
demokratie
entscheidet
blanke meinung
privates hirngespinst
rohe machtgier
wille zum wahlsieg
Anthroplastisches
modische köpfe mit
kurzen kantigen haaren lange
geflochtene zöpfe dauergewellt
journalgesichter mit
kurzen kantigen haaren lange
geflochtene zöpfe dauergewellt
journalgesichter mit
fein bemalten fassaden umrahmen
bunte oberflächenaugen
werbeschildträger
stehen zusammen
man versteht sich man kennt sich man weiß sich
man grenzt sich ab
von den anderen
dem anderen
vom untypischen
bunte oberflächenaugen
werbeschildträger
stehen zusammen
man versteht sich man kennt sich man weiß sich
man grenzt sich ab
von den anderen
dem anderen
vom untypischen
Das Ich ist wir ist erworben schon gesehen
abgesehen
ungesehen
ein Versehen
abgesehen
ungesehen
ein Versehen